Dr. Hanna Bonnekoh im Interview für »Women in Science«

PD Dr. Hanna Bonnekoh ist Fachärztin für Dermatologie und Venerologie mit zusätzlichem Schwerpunkt Allergologie und arbeitet seit Januar 2024 am Fraunhofer-Institut für Translationale Medizin und Pharmakologie ITMP am Standort Immunologie und Allergologie IA in Berlin. Der Berliner Fraunhofer ITMP-Standort forscht in enger Kooperation mit dem Institut für Allergieforschung der Charité – Universitätsmedizin Berlin. Hanna Bonnekoh ist dort Leiterin des Bereichs Präklinische Forschung. Ihre Forschungsschwerpunkte sind die Erkrankung Urtikaria sowie deren Differentialdiagnosen.

© Sarah Hahn

Fraunhofer ITMP und wie beeinflusst die Erforschung des Immunsystems Ihrer Meinung nach die Entwicklung 
innovativer Therapien?  


Unsere aktuellen Forschungsprojekte fokussieren sich auf die Pathomechanismen der Urtikaria, einer häufigen Mastzell-vermittelten Erkrankung, bei der es oft täglich zu juckenden Quaddeln und/oder Schwellungen kommt. Bei der chronischen spontanen Urtikaria spielen Autoallergie und Autoimmunität eine wichtige Rolle. Wir wollen herausfinden, ob diese Konzepte auch bei anderen Formen der Urtikaria relevant sind. Die Erforschung dieser Mechanismen ist grundlegend für die Entwicklung neuer Therapieansätze für die Urtikaria. Des Weiteren erproben wir neue Substanzen in Zellmodellen und an Material von Patienten und Patientinnen. Zudem führen wir klinische Studien durch.


Welche Herausforderungen haben Sie als Frau in der Gesundheitsforschung erlebt und wie haben Sie diese gemeistert? 

Zum Ende der Covid-19-Pandemie bin ich schwanger geworden. Aufgrund der damals gültigen Bestimmungen wurde mir ein partielles Beschäftigungsverbot auferlegt, sodass ich in der direkten Versorgung von Patientinnen und Patienten nicht mehr tätig sein durfte. Das war ein Schlag für mich, da ich damit nicht gerechnet hatte und meine klinische Tätigkeit sehr gerne ausübe. Ich habe dann einen verstärkten Fokus auf die nicht-klinische wissenschaftliche Arbeit gelegt, wodurch einige Projekte mit erfolgreichen Publikationen abgeschlossen werden konnten. Diese intensive Schreibzeit war für mich rückblickend von Vorteil.


Was sind Ihrer Meinung nach die zentralen Schritte, die nötig sind, um die Gleichstellung in der Gesundheitsforschung nachhaltig zu fördern? 

Wann kommt es zu einer unausgewogenen Beteiligung von Frauen, Männern und Diversen auf dem Arbeitsmarkt, hier also beispielhaft in der Gesundheitsforschung? Meiner Meinung nach ist dies unter anderem bei bzw. nach der Familiengründung der Fall. Hier ist aus meiner Sicht eine gleichmäßige Aufteilung der Elternzeit auf beide Elternteile ein Schlüssel zur Gleichstellung. Des Weiteren ist eine deutschlandweite beitragsfreie Kinderbetreuung notwendig. Ich sehe die Möglichkeit der Flexibilisierung der Arbeitszeiten in der Gesundheitsforschung als große Chance zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie.


Was bedeutet für Sie Erfolg in der Forschung? Ist es der wissenschaftliche Fortschritt, die gesellschaftliche Anerkennung oder etwas anderes?

Erfolg in der Forschung bedeutet für mich persönlich, dass Projekte intensiv bearbeitet, Ergebnisse generiert und diese dann verfügbar gemacht werden. Erfolg in der Forschung ist für mich aber auch, wenn es uns gelingt, in Bereichen wie Öffentlichkeit, Medien, Industrie und nicht zuletzt auch in der Ärzteschaft Aufmerksamkeit und Bewusstsein für die Urtikaria und ihre Differentialdiagnosen zu schaffen. Der Erfolg unserer Forschung ist dann gegeben, wenn die Versorgungssituation für diese Patientinnen und Patienten verbessert wird. Diese Erfolge sind nur im Team möglich!


Wie können Netzwerke und Mentoring-Programme Frauen in der Gesundheitsforschung unterstützen und welche Erfahrungen haben Sie diesbezüglich gemacht?


Der Austausch in Netzwerken und Mentoring-Programmen für Frauen in der Gesundheitsforschung kann unter anderem dabei unterstützen, eigene Herausforderungen zu meistern und Vorbilder zu finden. Durch den Austausch in Netzwerktreffen bin ich selbst sensibler für die unterschiedlichen Bedürfnisse und Herausforderungen anderer Frauen geworden.