Wer oder was hat Sie dazu motiviert, in der Gesundheitsforschung zu arbeiten?
Mein Biologielehrer konnte meine bohrenden Nachfragen zum Thema Genetik und Molekularbiologie nicht mehr beantworten und resignierte: »Wenn dich das so sehr interessiert, dann musst du es eben studieren«. Die Teilnahme an einer Summer School mit dem Titel »Kommissar DNA« bestärkte mich zusätzlich in meinem Vorhaben, mehr über die Molekularbiologie zu erfahren und mich anschließend für das Studium einzuschreiben.
Inwiefern haben sich Ihrer Meinung nach die Dynamiken und die Relevanz in der Gesundheitsforschung in den letzten Jahren verändert? Und wie hat sich die Rolle von Frauen dabei verändert?
Die Wissenschaft befindet sich heute in einer Transformationsphase. Wir entfernen uns von einer beschreibenden Forschung hin zu einer Wissenschaft, die mit sehr großen Datensätzen Antworten auf Fragen gibt, die vor nicht allzu langer Zeit noch als unlösbar galten. Die Verarbeitung großer Datenmengen ist ohne Zuhilfenahme von Computern und spezialisierten Methoden wie »Machine Learning« und »artifizieller Intelligenz« nicht mehr möglich. Deshalb spielt die Informatik eine immer größere Rolle für die Biologie und die Gesundheitsforschung.
An dieser Stelle wünsche ich mir, dass sich mehr Frauen für die Technik, die in der Gesundheitsforschung eingesetzt wird, begeistern. Während der prozentuale Anteil von Forscherinnen in den Lebenswissenschaften steigt, werden die Stellen der Bioinformatik oder Biophysik nach wie vor überwiegend von Männern besetzt. Doch der Einsatz von Computern und Programmen ist mittlerweile ein integraler Teil der Lebenswissenschaften. Im Studium kommt dieser Teil hingegen oftmals zu kurz. Insbesondere bei jungen Forscherinnen, die im privaten Umfeld eher weniger mit Technik und Programmen in Berührung kommen, würde eine Auseinandersetzung mit diesen Themen bereits im Studium zu weniger Berührungsängsten führen.
Woran genau arbeiten Sie zurzeit am Fraunhofer ITMP?
Am Fraunhofer ITMP-Standort für Translationale Neuroinflammation und Automatisierte Mikroskopie TNM in Göttingen arbeiten wir an der Etablierung höchstauflösender STED-Mikroskopie als erweiterte Screening-Methode für die detaillierte Charakterisierung neuer pharmakologisch wirksamer Substanzen. Damit können wir Effekte von aktiven Compounds auf Patientenzellen auf subzellulärem Level visualisieren. Es ermöglicht uns, Änderungen zu erfassen, die für andere Methoden nahezu unsichtbar sind. Ich arbeite an der Schnittstelle zwischen dem Biologielabor und der Bilddatenauswertung. Mithilfe automatisierter Algorithmen werden daraus Informationen gewonnen, die für das menschliche Auge nicht sichtbar sind.
Welche weiteren Ziele stehen auf Ihrer Forschungsagenda und inwieweit spielt Ihre Arbeit eine Rolle im Privaten, in der Familie oder bei Freunden?
Ich möchte mit meiner Arbeit zu einem genaueren Verständnis der zellulären Mechanismen und damit zur Verbesserung der menschlichen Gesundheit beitragen. Meine Faszination und Wissbegierde spielen natürlich auch in meinem Alltag eine große Rolle. Ich höre nicht auf, neugierig zu sein. Viele meiner Freundinnen und Freunde sind, wie ich, in der Wissenschaft tätig. Es fasziniert mich, an gemeinsamen Abenden Einblicke in ihre Forschungsthemen und Gedanken zu bekommen.Im Berufsumfeld der Forschung müssen häufig kreative Lösungen für Probleme gefunden werden. Diese Kreativität spiegelt sich zudem im Privaten, in meiner Leidenschaft für das Lindy Hop-Tanzen wider.
Was möchten Sie Frauen mitgeben, die in der Gesundheitsforschung anfangen möchten?
Raus aus der Komfortzone und traut euch! Habt Mut, euren einzigartigen Blickwinkel, andere Herangehensweisen und Lösungsansätze in einer überwiegend männlich geprägten Umgebung zu vertreten. Bleibt neugierig, mit Begeisterung für Technik, Programme und Maschinen. Außerdem gehen wir als Forscherinnen und Forscher Probleme manchmal zu rational an und tendieren dazu, sie »totzudenken«. Vertraut auch gerne manchmal auf euer Bauchgefühl.