Wer oder was hat Sie dazu motiviert, in der Gesundheitsforschung zu arbeiten?
Ich hatte das Glück, Herrn Dr. Luis Caraballo von der Universität Cartagena in Kolumbien kennenzulernen, als ich mein Medizinstudium begann. Mit seiner Begeisterung für die Wissenschaft motivierte er mich, meine ersten Projekte über die genetische Suszeptibilität von Asthma in der Bevölkerung der Karibik zu beginnen. Während meines Studiums am Institut für immunologische Forschung an der Universität Cartagena habe ich meine Leidenschaft für die Immunologie entdeckt. Damals in Kolumbien konnte ich mir nicht vorstellen, dass eine wissenschaftliche Karriere für mich möglich ist. Neben dem Medizinstudium konnte ich den Horizont meiner Möglichkeiten durch zusätzliche immunologische Forschungsstudien im Labor weiter ausbauen. Dadurch war es mir möglich, meine Forschung am Johns Hopkins University Asthma Center in Baltimore in den USA fortzusetzen. Anschließend habe ich meine Facharztausbildung in der Dermatologie und Allergologie absolviert.
Inwiefern haben sich Ihrer Meinung nach die Dynamiken und die Relevanz in der Gesundheitsforschung in den letzten Jahren verändert? Und wie hat sich die Rolle von Frauen dabei verändert?
In der immunologischen Forschung erleben wir derzeit eine Revolution in der Umsetzung jahrelanger Grundlagenforschung. Die Heilung vieler Erkrankungen und die Lebensqualität der Betroffenen wird erheblich verbessert. Einige dieser Meilensteine in der Gesundheitsforschung haben das Leben von schwer erkrankten Krebspatientinnen und -patienten über mehr als fünf Jahre verlängert. Mittlerweile kann der Verlauf einiger chronischer Entzündungskrankheiten verändert und in manchen Fällen eine vollständige Remission bewirkt werden.
Es inspiriert mich zudem, dass in den letzten drei Jahren immer mehr Frauen mit dem Nobelpreis in wissenschaftlichen Bereichen ausgezeichnet wurden. Trotz vieler Faktoren, die Frauen immer noch daran hindern, beruflich gleichberechtigt wahrgenommen zu werden, gibt es derzeit viele Veränderungen. Durch Gleichstellungskonzepte, Initiativen und Maßnahmen zur Frauenförderung können wir eine bessere Entwicklung für die Gleichstellung von Frauen bewirken.
Woran genau arbeiten Sie zurzeit am Fraunhofer ITMP?
Aktuell untersuche ich die pathogenetischen Mechanismen, um zu verstehen, inwieweit sie chronische Urtikaria verursachen. Die chronische spontane Urtikaria (CSU) ist eine der häufigsten Hautkrankheiten. Die Betroffenen leiden fast täglich an juckenden Quaddeln, Schwellungen oder sogar an beidem, was die Lebensqualität stark beeinträchtigt. Mastzellen spielen eine wichtige Schlüsselrolle bei der Auslösung von CSU-Symptomen. Derzeit untersuchen wir bestimmte Faktoren, die die Aktivierung der Mastzellen bei CSU hervorrufen und zur Entstehung der Symptome beitragen. Dabei untersuchen wir, inwieweit die Blockierung des Komplementsystems die Krankheitsaktivität verringert. Aktuell arbeiten wir an einer bevorstehenden klinischen Studie, in der die Wirksamkeit eines Komplementhemmers bei den CSU-Betroffenen untersucht werden soll.
Welche weiteren Ziele stehen auf Ihrer Forschungsagenda und inwieweit spielt Ihre Arbeit eine Rolle im Privaten, in der Familie oder bei Freunden?
Ein weiterer wichtiger Teil konzentriert sich auf das Verständnis über die Entwicklung von symptomatischem Dermographismus (SD), der am häufigsten mit der Urtikaria ausgelöst wird. SD ist das wiederkehrende Auftreten von juckenden und streifenförmigen Quaddeln, die sich nach Einwirkung von Scherkräften auf die Haut wie Streichen, Kratzen oder Reiben entwickeln. Ich versuche, Patientinnen und Patienten, die daran leiden, epidemiologisch, laborchemisch, therapeutisch und prognostisch besser zu charakterisieren. Dazu gehört auch die Entwicklung besserer Instrumente zur Bewertung der Krankheitsaktivität, der Lebensqualität und der Krankheitskontrolle.
Die Unterstützung meiner Familie, meines Mannes und meiner Freunde ist dabei für mich von entscheidender Bedeutung. Ihre Unterstützung und gute Organisation haben es mir ermöglicht, meine beruflichen Ziele zu verwirklichen.
Was möchten Sie Frauen mitgeben, die in der Gesundheitsforschung anfangen möchten?
Ich möchte Frauen ermutigen, ihre Karrieremöglichkeiten in der Gesundheitsforschung wahrzunehmen. Es erfordert Mut und Anstrengung, neugierig zu sein, zu entdecken, zu verstehen und nach Lösungen zu suchen. Als Forscherinnen und Forscher tragen wir einen wichtigen Teil dazu bei, die Gesundheit in der Gesellschaft zu verbessern. Auch wenn Hypothesen nicht immer eindeutig belegbar sind oder Experimente scheitern, sind es solche Herausforderungen, die mit dem Erfolg einer Lösung am Ende viel Freude bringen. Es gibt viele Frauen, die harter Arbeit nicht aus dem Weg gehen, um dem nachzugehen, was sie inspiriert. Deshalb wünsche ich mir mehr solcher Frauen in der Forschung.